Salzach

Im Rahmen des Projektes wurde die Nutzungs- und Umweltgeschichte der Salzach aufgearbeitet. Die Grundlagen sind in das Buch "salzach-macht-geschichte“ eingeflossen.

 

Anfang des 18. Jahrhunderts war die Untere Salzach eine mehrere hundert Meter breite Wildflusslandschaft mit ausgedehnten Kiesbänken und Auenwäldern. Das Flussbett teilte sich in zahlreiche Haupt- und Seitenarme, die bei höheren Wasserführungen immer wieder umgebildet wurden, sodass neue Seitenarme entstanden, während Altarme einem stetigen Verlandungsprozess unterlagen. Ein wesentlicher Faktor dieser Flussdynamik war der hohe Geschiebeeintrag von den Nebenflüssen der Salzach. Als die Salzach 1816 zur „nassen Grenze“ erklärt wurde, entsprach dieses Bild der „verwilderten“ Flusslandschaft in keiner Weise den staatspolitischen Vorgaben. Gefordert war vielmehr ein räumlich fixiertes Gerinne. Durch aufwändige Regulierungsmaßnahmen konnte dieses Ziel nach mehreren Jahrzehnten erreicht werden. Heute stellt aber die daraus resultierende schleichende Eintiefung der Salzach ein gravierendes Problem dar. Überall dort, wo der Fluss die schützende Deckschicht der Sohle freilegt und auf weichen Untergrund stößt, kann er sich innerhalb kurzer Zeit um mehrere Meter eintiefen, Uferverbauungen zum Einsturz bringen oder den Grundwasserspiegel absenken. Die Folgen sind unkalkulierbar. Dabei war die Sohleintiefung anfangs ein gewünschter Effekt, da damit eine größere Hochwassersicherheit einherging.  

 

Derzeit wird an der Unteren Salzach eines der größten Wasserbauprojekte gestartet, das gleichermaßen eine gewässerökologische Verbesserung als auch eine Stabilisierung der Flusssohle bewirken soll. Bei solchen Vorhaben ist ein Blick in die Vergangenheit wichtig, denn wir können viel aus ihr lernen: Etwa, dass das Streben nach dem Gleichgewicht der Flusssohle ein dynamischer Prozess ist, bei dem das Ziel zwar klar definierbar ist, der Weg dorthin aber immer wieder einer Feinjustierung unterzogen werden muss. 1817 wurde die Regulierungsbreite der Salzach auf 152 Meter reduziert. Doch die Salzach konnte den großen Geschiebeeintrag aus ihren Nebengewässern nicht abführen und ihre Sohle landete weiterhin auf. Um mehr Schleppkraft zu erzielen, wurde die Flussbettbreite einige Jahrzehnte später abermals stark vermindert: die der Salzach um 25 Prozent, jene der Saalach um 60 Prozent. Die Folgen sind spätestens seit dem Hochwasser 1959 bekannt, als die massive Eintiefung der Flusssohle im Salzburger Becken durch den Einsturz der Autobahnbrücke sichtbar wurde.

 

Die Flussgeschichte gibt auch wertvolle Hinweise für das gewässerökologische Leitbild. Die Salzach war im 18. und 19. Jahrhundert trotz flussbaulicher Eingriffe ein weitgehend intaktes Gewässer. Der heutige Mensch sehnt sich wieder nach mehr Natur und will den Fluss an den ursprünglichen Charakter angenähert erleben. Dabei geht es aber nicht darum, einen bestimmten historischen Zustand „nachzubauen“, sondern sicherzustellen, dass sich die dynamischen Faktoren des Gewässers wieder entfalten können. Gleichzeitig muss aber der erforderliche Hochwasserschutz für den Siedlungsraum und für wichtige Infrastruktureinrichtungen garantiert werden.

 

Um all diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, der Salzach wieder mehr Raum zu geben. Wie dieser Raum beschaffen sein könnte, zeigt uns auch die facettenreiche Flussgeschichte der Salzach.