Feuchtgebiete im Weinviertel

Im Rahmen des Projektes wurde die Nutzungs- und Umweltgeschichte der Weinviertler Gewässer aufgearbeitet. Die Grundlagen waren die Basis für  das Buch "Feuchtgebiete: Natur- und Kulturgeschichte der Weinviertler Gewässer“.

 

Der Umstand, dass das Wasser im Weinviertel heute als Mangelware betrachtet wird, ist nicht nur eine Folge geringer Niederschläge, sondern v.a. großräumiger Entwässerungen und Regulierungsmaßnahmen. 

 

Entlang von Pulkau, Thaya, Zaya, Schmida, Göllersbach, Weidenbach, Stempfelbach und Rußbach erstreckten sich ursprünglich ausgedehnte Feuchtgebiete. Geändert hat sich das Bild v.a. ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Wasserbauer die Gewässer des Weinviertels begradigten und auf höhere Abflüsse ausbauten. Die flussbaulichen Eingriffe zielten darauf ab, die ­Flussniede­rungen großflächig zu entwässern und die Hochwassergefahr für die Siedlungen zu bannen. So war es möglich, das Flussumland wesentlich intensiver zu nutzen.

 

Dazu kamen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts groß angelegte Meliorationsmaßnahmen. Die in England erfundene Technik, versumpfte Böden mittels gebrannter Tonröhren zu entwässern, wurde in Niederösterreich erstmals 1857 angewandt. Da es von großem volkswirtschaftlichen Interesse war, die landwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen, unterstützte das Land die Entwässerungsmaßnahmen bereits in der Anfangsphase finanziell und organisatorisch. Interessant ist der Umstand, dass die Mehrzahl der niederösterreichischen Entwässerungsprojekte im heute so trockenen „Viertel unter dem Manhartsberg“ umgesetzt wurde. 

 

Die Geschichte des Wasserbaus im Weinviertel ist auch eine der Aquakultur. Es ist heute kaum vorstellbar, dass die Teichfläche des Weinviertels während der Blüte der Fischzucht im 17. Jahrhundert jene des Waldviertels übertraf. Während aber im Waldviertel viele Anlagen erhalten blieben, da der Ackerbau aufgrund schlechter Bodenbonitäten keine Alternative bot, mussten im Weinviertel die meisten Teiche produktiveren Kulturen weichen. Auch andere vom Menschen geschaffene Gewässer, die als Tränken und Schwemmen für das Vieh oder zur Eisproduktion dienten, wurden nach und nach beseitigt.

 

Erst in jüngerer Zeit kam den Feuchtgebieten wieder ein höherer Stellenwert zu, da sie für den Wasserrückhalt und Naturhaushalt eine wichtige Bedeutung haben. Aus diesem Grund hat die Wasserbauabteilung des Landes v.a. ab den 1990er-Jahren im Nahbereich der bereits ausgebauten Flüsse und Bäche zahlreiche Retentionsräume angelegt, die die Hochwasserspitzen vermindern und den Hochwasserschutz für die Siedlungen verbessern. Ob sich ihr naturschutzfachliches Potenzial voll entwickeln kann, hängt auch von der Umsetzung begleitender extensiver Pflegemaßnahmen ab. Indem man beispielsweise wieder einige Flächen mäht oder beweidet, könnte der Lebensraum Feuchtwiese als besonders charakteristisches Element der historisch gewachsenen Kulturlandschaft des Weinviertels zumindest in Teilbereichen wieder etabliert werden. 

 

Feuchtgebiete sind nicht nur Refugien der Biodiversität mit vielen stark bedrohten Pflanzen und Tieren, sie tragen auch zum Hochwasserschutz und zur Lebensqualität unserer Umwelt bei.  

 

Ziel dieses Buches ist es, die Bedeutung der natürlichen und künstlichen Feuchtgebiete des Weinviertels aufzuzeigen. Um die naturräumlichen Defizite nachvollziehen zu können, soll ein Bogen von der Nutzungs- und  Naturgeschichte zur aktuellen Situation ­gespannt werden. Darauf aufbauend beschäftigt sich ein Kapitel mit der Pflege, ­Erhaltung und Entwicklung der Feuchtgebiete und Retentionsräume.  

 

Ausgeklammert werden bei dieser Betrachtung die March- und Donauauen, da es über diese Bereiche bereits zahlreiche Untersuchungen und umfangreiche Literatur gibt. Der Fokus richtet sich deshalb auf die anderen Gewässer des Weinviertels, die in der historischen Analyse bislang eher stiefmütterlich behandelt wurden.